Birne

Birnbaum veredeln: So gelingt die Veredlung Schritt für Schritt

Die Veredelung von Birnbäumen bietet die Möglichkeit, Sortenmerkmale gezielt zu beeinflussen und die Widerstandsfähigkeit der Bäume zu erhöhen. Dieser Artikel beleuchtet die Gründe, die für eine Veredelung sprechen, und gibt eine umfassende Anleitung zu den verschiedenen Aspekten dieses Verfahrens.

Gründe für die Veredelung von Birnbäumen

Die Veredelung von Birnbäumen sichert gesunde und ertragreiche Pflanzenentwicklung.

Gründe für die Veredelung von Birnbäumen

Die Veredelung von Birnbäumen bietet zahlreiche Vorteile und ermöglicht eine Vielzahl von Pflanzoptionen, die anderweitig schwer zu realisieren wären. Hier sind die wichtigsten Gründe:

  1. Sortenreine Vermehrung: Sie können sicherstellen, dass die neue Pflanze exakt die Eigenschaften der Mutterpflanze übernimmt. Dies ist besonders wichtig für Sorten, deren Eigenschaften durch generative Vermehrung nicht sortenecht bleiben würden.
  2. Erhöhung der Krankheits- und Schädlingsresistenz: Durch die Wahl der geeigneten Unterlage wird die Widerstandsfähigkeit des Birnbaums gegenüber verschiedenen Krankheiten und Schädlingen erhöht, was langfristig für gesündere und ertragreichere Bäume sorgt.
  3. Frühere Ernte: Veredelte Bäume tragen oft früher Früchte als solche, die aus Samen gezogen wurden. Dies ermöglicht eine raschere Ernte.
  4. Verbesserte Anpassungsfähigkeit: Durch die Kombination der Merkmale von Edelreis und Unterlage kann der Birnbaum an spezifische Standortbedingungen wie Bodenbeschaffenheit und Klima besser angepasst werden.
  5. Kontrollierteres Wachstum: Veredelte Bäume auf schwachwüchsigen Unterlagen ermöglichen die Kontrolle der Baumgröße, was besonders in kleinen Gärten oder für Kübelpflanzungen von Vorteil ist.
  6. Erhaltung alter und regionaler Sorten: Veredelung ist essenziell zur Erhaltung seltener oder alter Birnensorten, die andernfalls verloren gehen könnten, und ermöglicht es Ihnen, einen Birnbaum selber zu ziehen.
  7. Mehrere Sorten an einem Baum: Durch Veredelung können Sie mehrere Sorten auf einem einzigen Baum kombinieren, was besonders in begrenzten Räumen praktisch ist, z.B. einen Apfelbaum mit Birne zu veredeln.

Auswahl der Unterlage

Die Wahl der Unterlage ist von fundamentaler Bedeutung für das Wachstum, die Gesundheit und die endgültige Größe Ihres Birnbaums.

Häufig verwendete Unterlagen

Häufig verwendete Unterlagen

Birnensämlinge eignen sich hervorragend für große, langlebige Streuobstwiesenbäume

  • Birnensämlinge (z. B. ‚Kirchensaller‘): Diese kraftvollen Unterlagen führen zu großen und langlebigen Bäumen, die besonders gut für extensive Flächen wie Streuobstwiesen geeignet sind.
  • Quitten (vegetativ vermehrt): Ideal für kleinere Bäume mit frühen und oftmals reichlichen Erträgen, besonders für Hausgärten. Beachten Sie jedoch, dass nicht alle Birnensorten mit Quitten kompatibel sind und oft eine Zwischenveredelung notwendig machen.
  • Alternative Unterlagen (Weißdorn, Vogelbeere): Diese werden seltener verwendet und eignen sich meist nur für spezielle Anwendungen. Wegen möglicher Unverträglichkeiten sollten sie nur von erfahrenen Gärtnern gewählt werden.

Überlegungen zur Auswahl der Unterlage

Überlegungen zur Auswahl der Unterlage

Die Auswahl der Unterlage beeinflusst erheblich das Wachstum und die Gesundheit.

  • Wuchsgröße und Standort: Entscheiden Sie basierend auf den Platzverhältnissen und der gewünschten Größe des Birnbaums.
  • Bodenbeschaffenheit: Wählen Sie eine Unterlage, die gut zu den Bodenverhältnissen in Ihrem Garten passt.
  • Krankheitsresistenz: Einige Unterlagen bieten erhöhte Resistenz gegenüber spezifischen Krankheiten und Schädlingen.
  • Reaktionszeit bis zum Fruchtansatz: Neben den Wuchseigenschaften bestimmen Unterlagen auch, wie schnell der Baum Früchte tragen wird.

Veredlungszeitpunkte und -methoden

Die Wahl des optimalen Zeitpunkts und der geeigneten Methode für die Veredelung von Birnbäumen hängt von verschiedenen Faktoren ab. Für eine erfolgreiche Veredelung sollten Sie folgende Aspekte berücksichtigen:

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Zeitpunkte der Veredelung

Zeitpunkte der Veredelung

Die richtige Jahreszeit erhöht die Erfolgschancen der Veredelungstechniken erheblich

  • Frühjahr (März bis Mai): Zu Beginn des Frühjahrs, wenn die Bäume aus der Winterruhe erwachen und der Saftstrom einsetzt, sind viele Veredelungstechniken besonders erfolgversprechend.
  • Sommer (Juni bis August): Die Okulation ist eine Technik, die bevorzugt während des Julis und Augusts angewendet wird.

Methoden der Veredelung

  • Kopulation: Ideal für das Frühjahr. Das Edelreis und die Unterlage werden mit identischen schrägen Schnitten versehen und exakt aufeinandergelegt. Geeignet für junge Triebe und dünne Zweige.
  • Anplatten: Ebenfalls eine Methode für das Frühjahr, wobei das Edelreis ohne das Abschneiden der Unterlage an diese angelegt wird.
  • Rindenpfropfen: Diese Technik wird primär im April und Mai angewendet. Hier wird das Edelreis unter die Rinde der Unterlage geschoben.
  • Spaltpfropfen: Im Frühjahr wird die Unterlage gespalten, und das Edelreis wird in den Spalt eingefügt. Diese Technik ist speziell für stärkere Triebe und dickere Äste geeignet.
  • Geißfußpfropfen: Während der Spätwinter- und Frühlingsmonate erfolgt hier ein Spaltschnitt in die Unterlage, wobei das Edelreis zusätzlich in einem schrägen Winkel zugeschnitten und eingefügt wird.
  • Okulation (Auge-Veredlung): Diese Methode eignet sich für den Sommer, vorzugsweise im Juli und August. Eine Knospe des gewünschten Edelreises wird unter die Rinde der Unterlage geschoben.
  • Chip-Budding (Plättchen-Veredlung): Diese flexible Methode kann sowohl im Frühjahr als auch im Sommer durchgeführt werden.

Die Auswahl der passenden Methode und des optimalen Zeitpunkts ist entscheidend für den Erfolg der Veredelung.

Edelreis-Auswahl und -Lagerung

Für die erfolgreiche Veredelung von Birnbäumen ist die Auswahl der Edelreiser von zentraler Bedeutung. Diese müssen im Winter von gesunden Mutterbäumen geschnitten und bis zur Veredelung im Frühjahr oder Sommer richtig gelagert werden.

Kriterien zur Edelreis-Auswahl

Kriterien zur Edelreis-Auswahl

Eine sorgfältige Auswahl der Edelreiser sichert eine erfolgreiche Veredelung.

  • Gesundheit: Die Triebe sollten von kräftigen, wüchsigen Mutterbäumen stammen und frei von Krankheiten sein.
  • Triebqualität: Es eignen sich vor allem einjährige, unverzweigte Triebe, die 30 bis 40 Zentimeter lang und etwa bleistiftstark sind.
  • Standort der Triebe: Wählen Sie Triebe aus gut belichteten Kronenteilen, um sicherzustellen, dass sie ausreichend ausgereift sind.

Lagerung der Edelreiser

  • Kühllagerung: Lagern Sie die geschnittenen Edelreiser bei Temperaturen zwischen +1°C und +2°C, idealerweise im unteren Teil eines Kühlschranks.
  • Verpackung: Legen Sie die Triebe in einen fest verschlossenen Polyethylenbeutel, der mit feuchtem Sand oder einem nachhaltigen Substrat wie Kokosfaser gefüllt ist.
  • Regelmäßige Kontrolle: Überprüfen Sie alle zwei Wochen den Lagerzustand.
  • Alternative Lagerungsmöglichkeiten: Alternativ können die Edelreiser im Garten an einer schattigen, kühlen Stelle in feuchtem Sand eingeschlagen werden.
  • Vorsicht bei zu niedrigen Temperaturen: Tiefkühltruhentemperaturen können den Trieben schaden.

Veredelungsschnitt und -Werkzeuge

Für einen erfolgreichen Veredelungsschnitt ist der Einsatz präziser und sauberer Werkzeuge unverzichtbar. Hier sind die wichtigsten Werkzeuge und Hinweise zur Schnitttechnik:

Werkzeuge

  • Veredelungsmesser: Ein speziell dafür konstruiertes Veredelungsmesser (15,00€ bei Amazon*) mit gerader oder leicht gebogener Klinge ist unerlässlich.
  • Schere: Eine scharfe Baumschere, die nach dem Bypass-Prinzip arbeitet, ist ideal.
  • Säge: Zum Entfernen größerer Äste vor der Veredelung kann eine Säge hilfreich sein.
  • Verbundmaterialien: Bast, spezielle Veredelungsgummis oder Veredelungsband, um die Veredelungsstelle sicher zu fixieren.
  • Wundverschlussmittel: Veredelungswachs oder Wundverschlusspasten aus dem Fachhandel schützen die Schnittstellen.

Schnitttechnik

  • Sauberkeit und Präzision: Der Schnitt muss sauber, glatt und präzise ausgeführt werden, damit die Schnittflächen optimal zusammenwachsen können.
  • Passgenauigkeit: Die Schnittflächen müssen passgenau aufeinanderliegen.

Nachbehandlung und Pflege

Nach der erfolgreichen Veredelung ist die richtige Nachbehandlung und Pflege entscheidend, um ein gesundes Wachstum des Birnbaums zu gewährleisten.

  1. Kontrolle der Veredelungsstelle: Schneiden Sie den Bast oder das Veredelungsband etwa vier bis sechs Wochen nach der Veredelung vorsichtig auf, um ein Einwachsen zu vermeiden.
  2. Wildtriebe entfernen: Entfernen Sie regelmäßig alle Wildtriebe, die unterhalb der Veredelungsstelle austreiben.
  3. Bewässerung: Stellen Sie eine gleichmäßige Bewässerung sicher, besonders in Trockenperioden.
  4. Düngung: Versorgen Sie den Baum regelmäßig mit Nährstoffen, beispielsweise durch reifen Kompost, angereichert mit Hornmehl.
  5. Schädlings- und Krankheitskontrolle: Überprüfen Sie den Baum regelmäßig auf Anzeichen von Schädlingen oder Krankheiten und ergreifen Sie bei Bedarf geeignete Maßnahmen.
  6. Schnittmaßnahmen: Fördern Sie das Wachstum des Edelreises, indem Sie im Folgejahr sämtliche Triebe der Unterlage abschneiden und schwächere Triebe entfernen.

Durch diese gezielten Pflege- und Nachsorgemaßnahmen unterstützen Sie den veredelten Birnbaum optimal bei seiner Entwicklung und sorgen für ein gesundes Wachstum.

Bilder: v_zaitsev / iStockphoto